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Falschinformation – durch wen?

In den „Badischen Neuesten Nachrichten” (BNN) erschien am 08. April 2015 ein Artikel, in dem gefragt wurde: „Stört Infraschall bei der Windkraft?”. Dr. Bernd Stojanik setzte sich mit diesem Artikel auseinander und kam auf eine etwas andere Sichtweise.

Windkraftgegner rücken das Thema Infraschall verstärkt in den Mittelpunkt, um eine Risikovorsorge für die Bevölkerung zu bewirken und nicht um vorrangig den Bau von Windkraftanlagen (WKA) zu verhindern. Infraschall ist für Menschen unhörbar. Erst ab hohen Schalldruckpegeln können wir ihn wahrnehmen. Unhörbar bedeutet jedoch nicht automatisch auch unschädlich. Viele Dinge, die wir nicht wahrnehmen können, wie z.B. UV-Strahlung, radioaktive Strahlung, Umweltgifte in der Nahrung etc., haben schädliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit insbesondere dann, wenn wir ihnen langzeitig ausgesetzt sind. Daher werden für diese gesundheitsschädlichen „Dinge“ vom Gesetzgeber Grenzwerte festgelegt, die sich in ihrer Höhe an der Langzeitexposition der Betroffenen ausrichten. Diese Grenzwerte liegen selbstverständlich weit weg von irgendwie gearteten „Wahrnehmungsschwellen“.

Der Baden-Württembergische Umweltminister und die Landesanstalt für Umwelt (LUBW) behaupten, dass vom Infraschall der WKAs keine schädlichen Wirkungen zu befürchten seien. Ihre Begründung lautet: der Infraschall der WKAs liege deutlich unter der „Wahrnehmungsschwelle“ des Menschen.

Die Orientierung an einer „Wahrnehmungsschwelle“ als untere Grenze des Gesundheitsschutzes ist jedoch aufgrund des aktuellen Wissensstandes nicht mehr akzeptabel. Denn viele medizinisch erfassbaren Wirkungen entstehen durch eine Langzeitbelastung mit Infraschall, dessen Schallpegel deutlich unterhalb der „Wahrnehmungsschwelle“ liegt. Zukünftig muss eine „Wirkschwelle“, die auf den bekannten medizinischen Wirkungen basiert, den Rahmen für eine gesundheitliche Belastung der Bevölkerung festlegen. Zudem muss die gängige Praxis der Kurzzeitmessungen aufgegeben werden, da sie keine Langzeitfolgen erfassen können. Es gibt bisher keine belastbaren Studien, die die Unbedenklichkeit einer langfristigen Einwirkung des Infraschalls unterhalb der Wahrnehmungsschwelle beweisen.

Die Bewertung und Beurteilung von tieffrequenten Geräuschen und zum Teil von Infraschall erfolgt derzeit in Deutschland nach der TA Lärm in Verbindung mit der Norm DIN 45680. Im Rahmen der Überarbeitung der DIN 45680 wurde auf die notwendige Erweiterung des Frequenzbereiches zu tieferen Frequenzen hin verzichtet, so dass der Infraschallbereich unter 8 Hz derzeit nicht beurteilt werden kann. Daher sind die aktuellen Mess- und Auswertungsvorschriften und die benötigten Schallprognosen in Genehmigungsverfahren von WKAs nicht zum Schutz der Bevölkerung vor Infraschall geeignet.

Um diesen Schutz vorsorglich herzustellen, sind die zuständigen Ministerien und Ämter aufgefordert, fundierte und unabhängige Labor- und Feldstudien mit für den Infraschall geeigneten Messmethoden durchzuführen, eine Orientierung an der tatsächlichen Wirkschwelle vorzunehmen und die Wirkungen bei Langzeitexpositionen zu berücksichtigen.