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Kommentar: Wohin geht die Reise?

Visualisierung des Windparks in Weingarten

In seinem Kommentar nimmt Josef Ehbauer Stellung zu einem am 8. August in der BNN veröffentlichten Leserbrief. In diesem schrieb der Verfasser:

Die Windkraftgegner in Weingarten machen mobil, nur leider wissen sie nicht, wohin es denn überhaupt gehen soll.

Aus einem Leserbrief in der BNN vom 8.August 2020

Wohin geht die Reise?

In der Ausgabe der BNN vom 8. August wurden die Aktivitäten der Interessengemeinschaft Weingartener Bürgerinnen und Bürger zum Thema Windkraft in Weingarten kommentiert. Der Autor kritisiert, dass keine Alternativen aufgezeigt werden. Als Mitbegründer der Interessensgemeinschaft gegen den Bau von Windkraftanlagen in Weingarten und Mitglied des Vereins Gegenwind Obergrombach – Helmsheim – Kraichgau e.V. möchte ich dem folgendes entgegnen: Laut der aktuellen Planung sollen fünf Windräder aufgestellt werden. Jede dieser Anlagen hat eine Gesamthöhe von 247 m bei einem Rotordurchmesser von 162 Meter. Diese Anlagen werden die größten bisher in Deutschland betriebenen Windkraftanlagen sein. Der EnBW-Projektbeauftragte hat auf Veranstaltungen darauf hingewiesen, dass die aktuelle Planung Anlagen in dieser Größe vorsieht, weil andernfalls die Wirtschaftlichkeit nicht gewährleistet werden kann. Zudem treibe der Ausbau von Stromtrassen die Kosten in die Höhe. Als Folge daraus sei man auf kostengünstig erzeugten Strom in Baden angewiesen.

Die wirtschaftlichen Interessen der Energiewirtschaft werden also den Interessen von Natur- und Landschaftsschutz untergeordnet. Auch wird die Gefährdung der Gesundheit der anwohnenden Bevölkerung durch Lärm, Infraschall und Schattenwurf, und der Verlust eines wertvollen Naherholungsgebiets in Kauf genommen. Der Ort Weingarten und seine Bürgerinnen und Bürger sind nicht verantwortlich für eine von der Bundes- und Landesregierung beschlossene Energiewende, die von vielen namhaften Wirtschaftspolitikern kritisch beurteilt oder abgelehnt wird. Unsere Gruppe kämpft vorrangig für die Interessen Weingartens. Wir sind nicht dazu verpflichtet für die nationale Energiepolitik Opfer zu bringen.

Alternativen

Alternativen gibt es zuhauf, aber die von den Grünen und deren Sympathisanten eingebrachten Konzepte beschränken sich auf eine dezentrale Energieversorgung. Intelligente Energiepolitik muss aber die Sicherheit der Versorgung mit Strom ebenso im Blick haben, wie die Ziele des Klimaschutzes, die durch die Energieerzeugung unmittelbar beeinflusst werden. Fallen Atomstrom und Kohleverstromung weg, kann durch On-Shore Windkraft im windschwachen Süden leider nur ein marginaler Beitrag geleistet werden. Dieser geht zulasten von Natur- und Kulturlandschaft.

Als Alternative führt also kein Weg daran vorbei, die Stromtrassen auszubauen. Warum soll es nicht möglich sein, dass unser Strom über weite Strecken zu uns transportiert wird. Die Technologie der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung wird längst zum Transport von Strom über eine
Entfernung von mehr als 750 km eingesetzt. Warum importieren wir also Tomaten aus Spanien, Frankreich und den Niederlanden, müssen aber unseren eigenen Strom erzeugen? Was für Fisch aus Skandinavien recht ist, sollte für Strom aus Wasserkraft und Windenergie von dort nur billig sein.

Kurz- und mittelfristig gilt es auch, auf große zentrale Gaskraftwerke oder die dezentrale Kraftwärmekopplung zu setzen, selbst wenn die Kosten höher sind. Und langfristig kann die grüne Wasserstoff-Technologie helfen in energieintensiven Industrien den nötigen Energierohstoff zu liefern.

Politischer Einfluss

Zum Schluss sei auf den Vorwurf eingegangen, die politischen Entscheidungsträger seien ausreichend informiert und man dürfe keinen Einfluss auf sie nehmen: Es ist das Recht von aufgeklärten Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Volksvertretern über anstehende Entscheidungen zu diskutieren. Dies ist ein fester Bestandteil unserer parlamentarischen Demokratie und wird allen Interessensvertretungen praktiziert. Im Übrigen tun die Vertreter Windkraftlobby genau dies, um die Politik zu beeinflussen. Für uns kommt es nicht in Frage, dass eine für den Ort Weingarten so weit reichende Entscheidung über den Bau eines Industriegebiets zur Energiegewinnung durch Windkrafträder getroffen wird, ohne dass seine Bürgerinnen und Bürger darüber Kenntnis haben und Einfluss nehmen können.

Josef Ehbauer, Weingarten (Baden)


Anmerkung: Der abgedruckte Kommentar spiegelt in erster Linie die Meinung des Autors wieder.