Seit der von der Bundesregierung ausgerufenen Energiewende erlebten Windkraftanlagen einen ungebremsten Boom. Etwa 30.000 solcher industriellen Anlagen stehen mittlerweile in Deutschland. Doch der Ausbau ist seit 3 Jahren stark rückläufig. Denn es gibt nicht nur Befürworter dieser Windräder, sondern zunehmend massiven Widerstand aus der leidgeplagten Bevölkerung.
Bei einer Infoveranstaltung im Februar 2020 wurden die Bürgerinnen und Bürger von Kraichtal informiert, dass auf dem „Landskopf“ – der Anhöhe zwischen Menzingen, Gochsheim, Bahnbrücken und Münzesheim – die Prokon Regenerative Energien eG entlang des „Menzinger Weges“ vier Windkraftanlagen mit Gesamthöhen von knapp 240 Metern errichten möchte (Nabenhöhe 161 m, Rotordurchmesser ca. 154 m). Somit gehören diese zu den aktuell höchsten Anlagen in Deutschland. Zum Vergleich hierzu: der Stuttgarter Fernsehturm ist 217 Meter hoch, der Menzinger Kirchturm misst gerade mal 52 m. Die im Anschluss an die Projektvorstellung geführten Diskussionen an diesem Abend waren kontrovers. Schon damals zeichnete es sich ab, dass die Pläne nicht nur auf Zustimmung stoßen würden.
Bürgerinitiative in Kraichtal
Aus dieser anfänglich ablehnenden Haltung gegenüber dem Projekt hat sich in den folgenden Wochen ein Gruppe gleichgesinnter zusammengefunden, die dieses Vorhaben äußerst kritisch betrachtet und den Bau der Anlagen verhindern will. Die daraufhin in Menzingen ins Leben gerufene Bürgerinitiative ist als Ortgruppe Kraichtal Teil des Vereins Gegenwind Obergrombach – Helmsheim – Kraichgau e. V., welcher bereits vor etwa 6 Jahren erfolgreich den Bau von Windkraftanlagen bei Obergrombach verhindert hat. Der Verein ist Mitglied im „Landesverband Baden-Württemberg – Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen in Natur- und Kulturlandschaften“ und engagiert sich damit für Natur-, Landschafts- und Heimatschutz vor allem im Kraichgau.
Was sind die Argumente der Windkraftgegner?
Schattenwurf
Die Anlagen sind unmittelbar westlich von Menzingen geplant. Das bedeutet bei Abendsonne eine erhöhte Beeinträchtigung durch Schlagschatten. Die Windräder sind teilweise nur 900 m von Gebäuden am westlichen Ortsrand von Menzingen entfernt. Davon betroffen sein werden beispielsweise auch junge Familien, die sich im geplanten Neubaugebiet beim Menzinger Friedhof niederlassen wollen.
Landschaftsbild
Das Landschaftsbild des Kraichgaus, einem windschwachen und dicht bevölkerten Gebiet, wird nachhaltig gestört. Die Windräder werden weithin sichtbar sein und den Erholungswert des „Landes der 1.000 Hügel“ stark beschädigen. Der Erholungswert sinkt deutlich. Dabei wird dieser in Deutschland immer mehr benötigt
Naturschutz
Es werden große Flächen für die Anlagen und deren Zufahrtswege verbaut und damit Flora und Fauna zerstört. Dies ist ein Verstoß gegen das Artenschutzgesetz der Europäischen Union. Der streng geschützte Rotmilan zählt laut NABU zu den häufigsten Kollisionsopfern an Windenergieanlagen. Diese Vogelart hält sich regelmäßig im Umfeld der geplanten Standorte auf.
Gesundheitsgefahren
Neben der nächtlichen Blinklicht-Verschmutzung birgt vor allem der nicht hörbare Infraschall nach medizinisch fundierten Gutachten nachweisbare Beeinträchtigungen für die Gesundheit der umliegenden Bewohner. Anders als feststehende Objekte in der Landschaft bringen Windkraftanlagen durch ihre gigantische Größe sowie Rotation und Nachtbeleuchtung Unruhe für Mensch und Tier.
Immobilienwerte
Immobilienwerte in der Nähe von Windkraftanlagen werden stark sinken. Laut einer aktuellen Studie des Leibnitz Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) ergeben sich in einem Umkreis von 8 km um Windkraftanlagen erhebliche Wertverluste für Grundstücke und Immobilien. In einem Abstand von einem Kilometer bedeutet dies für Einfamilienhäuser eine durchschnittliche Preissenkung um bis 7,1 Prozent, bei alten Häusern in ländlichen Gebieten sogar um bis zu 23 Prozent. In absoluten Zahlen kann das einen Vermögensverlust für Hausbesitzer von mehreren zehntausend Euro bedeuten.
Mit Windkraft machen nur einige Wenige Gewinne. Unter anderem durch großzügige Subventionen und auf Jahren garantierte und überhöhte Einspeisevergütungen. Aber die große Mehrheit in der Region geht leer aus und muss mit den negativen Folgen leben.
Weitere Interessierte willkommen
Wer sich der neuen Bürgerinitiative in Kraichtal anschließen möchte, kann sich per E-Mail an den Verein wenden. Auf der Internetseite von Gegenwind Kraichgau finden sich die neuesten Informationen. Des weiteren werden an die Menzinger Haushalte Info-Flyer verteilt. Wer sich als Kraichtaler gegen das Projekt aussprechen will, kann dies über eine Unterschriftenliste, die in der Tankstelle in Menzingen ausliegt, tun. Sobald es die Situation wieder zulässt, sollen Infoveranstaltungen angeboten werden. Natürlich freut sich der Verein auch über neue Mitglieder.
„Am Ende hoffen wir natürlich alle, dass sich die kommunalen Entscheidungsträger mit Verantwortung gegen die Umsetzung dieses Windkraftprojektes aussprechen und somit die charakteristische Kraichgau-Landschaft erhalten und die Gesundheit der betroffenen Anwohner schützen.“
Christiane Berberich, erste Vorsitzende des Vereins Gegenwind Obergrombach – Helmsheim – Kraichgau e.V.